2/SOLIDARITÄT: Zum Input von Kübra Gümüşay

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15. Juni 2018Juli Katz
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Ehrlich sein – und fehlende Worte finden. Wirken Worte? Spricht man noch die gleiche Sprache? Gegenwärtiger politischer Diskurs widert an: Anstandslosigkeit, schmutziges Grinsen. Jedes Wort, das wir schreiben und sprechen, hat Wirkung. „Ach, sind doch nur Worte!“ Neben dem Politischen auch das Fundamentale, das Menschliche. Auch Gefühle fehlen. 2016, re:publica, organisierte Liebe zum organisierten Hass im Netz. Als Apell: Tut was! Seht hin! Empört euch! Manipulation anschauen! Vorwurf der Opfermentalität – nicht nur in sozialen Medien, sondern auch im Kopf. Also nie wieder öffentlich weinen? Darüber spricht man nicht! Nicht nur Expertinnen, Wissenschaftlerinnen, sondern auch als Betroffene sprachen, die in der Öffentlichkeit Betroffenheit negieren. Unverblümter Rassismus vs. diplomatisches Lächeln Zahlen und Daten und Fakten erklärend. Nicht nur Worte, sondern auch Orte fehlen: öffentliche Orte der Zärtlichkeit! Daran sind wir alle schuld – auch wir Progressiven. Langsamen Schrittes entsolidarisieren; was ist denn mit denen, die beobachten? Islam, Rassismus, Migration – das sind halt Themen, die polarisieren? Nö! Die werden es erst. Wo gehetzt wird, wird geflutet, werden Kommentarspalten in einschlägigen Foren von rassistischen und rechtspopulistischen Versuch, die Engagierten mundtot zu machen. So sehr, dass sich die Helfenden verteidigen müssen. Normalisierung des Hasses dann, wenn wir seine Anwesenheit normalisieren. In einem Internet aufwachsen, dass man Meinung kundtut und Fehler macht und daraus lernt. Ein bisschen klüger werden und nicht bloß klug tun. Wieso den Fehler der anderen suchen, wieso die Häme an anderen als digitale Währung? Wie geschickt können wir Menschen diffamieren? Von erhobenen Tastatur raus? Eine Gier nach Verurteilung. Das Beschämen, die Häme – entsolidarisiert uns. Solidarität = füreinander einzustehen, einander zu stärken. 2015 Kampagne #ausnahmslos: Mails aus der ganzen Welt, die endeten mit: In solidarity. Wir brauchen Wohlwollen! Wohlwollendes Diskutieren und Streiten; das öffnet Türen. Das Unmögliche versuchen und jeden Tag ein bisschen Erfolg und ein bisschen Scheitern. Laut und mutig fühlen! Öffentlich! Schmerz teilen! In Kunst gießen! Vielleicht bedeutet Solidarität: Mensch zu sein!



Juli Katz: studierte kreatives schreiben & kulturjournalismus in hildesheim sowie angewandte literaturwissenschaften in berlin. als teil der künstlerischen leitung der literaturzeitschrift BELLA triste konzipierte sie 2014 PROSANOVA, ein festival für junge gegenwartsliteratur. momentan macht sie irgendwas.